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37 - Back to the 80s - Der große Bravo-Gedächtnis-Vergleich: Alphaville vs. OMD
30.06.11
Dank meiner Geburt und einer mich liebenden Person hatte ich dieses Jahr
die Chance eine zweiteilige Zeitreise zurück in die 80er zu erleben. Und
zwar zu Bands bei denen damals aufgrund widriger Umweltbedingungen kein
Konzertbesuch möglich war. Später hatte sich eine Band aufgelöst und für
meinen Dienst am Vaterland (ja, Wehrdienst gab es da noch) lies ich die
Karten für die andere verfallen. Nunmehr nahezu 25 Jahre nachdem mich diese
beiden Bands gemeinsam mit Depeche Mode und Erasure zur elektronischen
Musik führten, hatte ich also doch noch eine Live-Chance. Deutlich gealtert
und mit ein wenig mehr Lebenserfahrung und Abstand war ich überaus
gespannt, welche Abenteuer da wohl zu erleben waren.

Und in Anbetracht der 80er-Ursprünge werde ich das Ganze mit einer
Tradition wiederbeleben, dem Bravo-Vergleichstest, dem wir solche Perlen
wie Duran Duran vs. A-Ha oder A-Ha vs. BROS verdankten. Das fetzt, ist
Sahne und geil und geht mit einem Sprung in die Zeitmaschine jetzt los!

Ich präsentiere:

Alphaville vs. OMD der große Vergleich - Wer ist besser?

1. Anreise
Alphaville (AV):
Eine knappe Stunde langweiliger Autofahrt zu einem langweiligen
Mini-Messegelände auf einer langweiligen Wiese weit abseits der nicht so
langweiligen Zivilisation fand sich ein Parkplatz direkt vor dem
Konzertgelände. Die Messehalle hatte einen kleinen 2 Personen-breiten
Eingang. Und davor sammelten sich Leute. Als regelmäßiger Konzertbesucher
zum Kampf bereit wollte ich - ein Menschenknäuel erwartend - mich ins
Getümmel um die beste Startposition bringen...nur um festzustellen, dass
ich noch NIE so eine ordentliche gediegene und sich benehmende
Menschenschlange vor einem Konzert erlebt hab. Sauber gezirkelt zog sich
eine perfekte 2er-Reihe vom Eingang - natürlich nur ordentlich auf dem
Fußweg - bis zum Parkplatz. Niemand drängelte, niemand nörgelte, niemand
soff und Vordrängler gabs auch keine. Das kenn ich anders.

OMD (OMD *g* ):
30 Minuten bis zum Parkplatz schön über Landstraßen und durch die Stadt.
Fußweg nochmals kürzer als bei Alphaville, dafür schön durch einen Park mit
Biergarten, wo man in gemütlicher Sichtweite der Location erstmal was
kühles zum trinken genießen, den langsamen Aufbau der Einlassschlange
beobachten und vor allem auch den Beginn des Einlasses nicht verpassen
konnte. Selbst die leichten Nieselregenschauer konnten da nichts mehr
kaputtmachen. Das Publikum schien das gleiche zu sein. Trotz 3er Eingänge
standen weit über 90% der Besucher an dem einen rechten Eingang zu dem ein
direkter kerzengrader Weg führte, auf dem man sich in 2er-Reihe aufstapeln
konnte. Weitere 9% standen am linken Eingang an, zu dem ein nicht so grader
Weg führte, wo man sich in eine Kurve - bloß nicht verbiegen lassen -
stellen musste. Das letzte Prozent waren dann einige wenige Mutige, die
sich nicht erklären konnten warum am mittleren Eingang denn gar niemand
hinein wollte und deshalb ihre Schlangen verließen. Oder wir, die wir das
gemütlich anschauten und dann geradewohl durch die Mitte spazierten.

Die Wegbeschreibung am Silbernen Band also für OMD aufgrund der kürzeren
Anreise und der - zumindest für uns - nicht vorhandenen Schlange.

2. Versorgung
AV:
Traditionell gibts vor dem Konzert erstmal einen Happen zu Essen um die
folgenden Strapazen besser überstehen zu können. In der Messehalle gab es
einen komplett eingerichteten Gastrobereich in Form eines Bistros. Jede
Menge Sitzplätze und erstaunlicherweise kaum Leute die anstanden. So konnte
man sich gemütlich hinsetzen und die vorbeiziehenden Massen beobachten.
Flüssignahrung für den Fall der Unterhopfung gabs direkt an zwei
Getränkewagen mit Biertischgarnituren in der Halle in Bühnennähe. So dass
man das ganze Konzert auch von der Bank immer in Nachschubnähe hätte sehen
können. Gerade für das Warten auf den Beginn überaus praktisch.

OMD:
So schön ein Biergarten doch ist...so ist er nicht überdacht und abhängig
von der Serviceleistung der Angestellten. So macht es nur begrenzt Spaß im
Nieselregen darauf zu warten, dass 20 Minuten nach der Bestellung mal
jemand fragt, ob denn wohl das bestellte Getränk vielleicht schon gekommen
sei... Die Entscheidung aus diesem Grund das Essen an den Grill vor den
Einlass zu verlegen, stellte sich auch als ungeschickt heraus, da die
vorhanden Brötchen anscheinend schon seit 2 Tagen auf ihre Verspeiser
warteten. Drinnen war dann ein einzelner Getränkestand zu erreichen, sitzen
konnte man bequem auf den Pflastersteinen, die sich zum Glück noch in der
Sonne und vor dem Niesel tagsüber ordentlich aufgewärmt hatten.

Die goldene Bratwurst geht hier klar an Alphaville, so gemütlich hab ich
Vorbereitung auf ein Konzert noch nicht erlebt.

3. Merchandise
AV:
Zugegeben ich bin ziemlich anfällig für Merchandise-Stände bei
Konzerten...selten, dass sich nicht irgendwas in meine Tasche drängelt.
Hier gabs in einer schönen ruhigen Ecke, die aber auch von weitem erkennbar
war, das Standardprogramm mit qualitativ ansprechenden Shirts, CDs und
Krempelkram, was einem durch einen freundlichen kompetenten Verkäufer
nahegebracht wurde. Na...da musste doch einfach die T-Shirt-Sammlung
erweitert werden. Verkauft wurden die Artikel von dem Bassisten der Band
„Bell, Book & Candle“ (falls die noch jemand kennt). Was aufgrund der
Objektivität hier allerdings zu keinem Promi-Bonus führt.

OMD:
Äh..ja...es gab einen Stand...der war schwarz. Vor T-Shirts. Die langweilig
waren. Laut Liste gabs auch eine "CD", welche und von wem war allerdings
nicht herauszufinden, da nur eine Kiste unter einem der Tische stand. Sie
war wohl auch...schwarz. Während des kritischen Betrachtens des Standes
fiel dem Verantwortlichen wohl auch ein, dass es doch keine Kapuzenshirts
gibt...und er strich dieses mal noch schnell von der Liste, während sein
Ansichtsexemplar breit und auffällig in der Mitte des Tisches liegenblieb.
Auffällig, denn es war...grau. Jedweder Kaufrausch löste sich auf bevor er
überhaupt entstehen konnte...und so ging es der Kundenzahl nach wohl auch
allen anderen Kaufwilligen.

Die Kundenzufriedenheitsplakette des Mysteryshoppings geht an Alphaville,
ein Marketingkurs für Einsteiger an OMD.

4. Location
AV:
Langweilige handelsübliche Messehalle. Sauber mit ausreichend Toiletten.
Sauber vor allem aufgrund des gerne in 2er-Reihe anstehenden Publikums,
dass sich natürlich nicht traute Kippen oder Bierbecher einfach auf den
Boden zu werfen. Das gehört sich ja auch nicht. Nachteil so einer
Messehalle...sie wird meist nicht voll und dünnt sich nach hinten aus, was
schlecht für die Stimmung ist.
Wetter spielte keine Rolle. Es gab keines...man erinnere sich...Halle. Und
beim Anstehen regnete es halt nicht.

OMD:
PARKBÜHNE! Unter Bäumen mitten im Park mit leichten
Amphi-Theater-Zuschnitt, so dass auch die hinteren Reihen gut sehen
konnten. Platz für max. 2.000 Leute was die ganze Sache recht gemütlich
machte. Und ein paar weitere hundert lungertem im Park um dort mit Decken,
Stühlen und Alkohol die Musik halt ohne Bild zu genießen. Erwähnter
Nieselregen im Biergarten zeigte sich dank fehlender Überdachung im
5-Minuten-Takt bis zur Vorband. Und ab eigentlichem Konzertbeginn gabs
blauen Himmel und sehr angenehme Temperaturen.

Gerade noch in der Umkleidekabine gewinnt OMD um Regentropfenbreite die
Showbühne.

5. Publikum
AV:
Ein wie schon erwähnt sehr liebes und verständnisvolles Publikum, das in
den vorderen Reihen eine gute Stimmung verbreitete und wo wir ziemlich gut
knapp unter dem Altersschnitt lagen. Man fühlte sich weder zu alt noch zu
jung. Alle waren gut erzogen und drängelten nicht. Und es zeigt sich immer
wieder, wo groß der Vorteil bei Konzerten ist, wenn man sich nicht
entschied sein Wachstum bei maximal 1,70m einzustellen.

OMD:
Hoppala...wo kommen all die grauen Panther her? Es war wirklich schon
ziemlich grau um uns herum und wir senkten den Altersdurchschnitt nicht
wirklich, weil unsere Altersgruppe einfach zu wenig vertreten war um da
eine Auswirkung zu zeigen. Wahrscheinlich waren die Ticketpreise da doch
ein wenig hoch. Dadurch blieb es gediegen, Stimmung kam trotzdem auf, aber
nie zu wild.

Den Sonderpreis "Jugend forsch" erhält Alphaville.

6. Vorprogramm
AV:
Nix...nüscht...keins...abwesend...unsichtbar...fehlend...nicht existent.
Traurig.

OMD:
Die Anzüge von Covenant, der Look von Hurts und die Musik der frühen OMD
ergeben: MIRRORS. Die Musik klang wesentlich älter als die Jüngelchen sind,
ging aber soweit ins Ohr, dass man Titel am nächsten Tag noch wiedererkannt
hat. Nett, rhythmisch und mit in der Magengegend spürbarem Bass eine nette
Einleitung für die Hauptband.

Da 1>0 erhält OMD das Spiegelfechter-Achievement.

7. Show-Effect
AV:
Schicke Beleuchtung, viele sich drehende Spiegel im Hintergrund. Leichte
Lasershowanleihen. Ein rockender Guitar-Hero, eine bassende Bassistin, ein
erhoben erhaben trommelnder Drummerboy und ein sich als zweite
Schlüsselfigur zeigender Key-Boarder ergeben eine Stimmung verbreitende
Begleitband. Ein Sänger der tatsächlich singen kann und versucht zu tanzen,
sorgt für den Rest. Es gab genug zu sehen und ausreichend Abwechslung.
Alles schön anzuschauen. Und ja...der gute Marian kann noch singen, vieles
klang da relatv nah an den CDs. Aber was er singen kann, kann er definitiv
nicht tanzen. Nuja...ihm machte es Spaß, seinen treuen Fans anscheinend
auch...warum auch nicht.

OMD:
Äh ja...als es dunkler wurde, gabs auch etwas Licht. Ansonsten ein
sitzenden Keyboarder, ein unauffällig im Hintergrund rumtrommelnder
Trommler und der Chef-Keyboarder, der stehen durfte aber sich ansonsten
nicht weiter zeigte. Lichtblick war der gute Andy McCluskey der mit weißem
Hemd mal mit Bass und mal mit Micro über die Bühne turnte. Auch er kann
noch singen und tanzen...zumindest besser als der Marian. Auch wenn man den
Tanzstil durchaus als einzigartig bezeichnen kann. So charismatisch und
sich verausgabend der Sänger sich auch gab, so war der Showeffekt gering.
Und nach dem dritten Wechsel Bass gegen Micro war dann auch klar, dass mit
mehr nicht zu rechnen sei.

Den Showpraktikanten-Award erhält trotz Abzüge in der B-Note beim Tanzen
Alphaville.

8. Titelauswahl
AV:
Alphaville hat viele alte Hits und neue...die aber nur echte Fans kennen,
da ein Vertrieb die letzen Jahre hauptsächlich im Internet stattfand, bis
man sich entschied mal wieder ein ganz normales Album rauszubringen. Die
größten Single-Hits liefen alle. Teilweise in neuen Versionen, die durchweg
gut klangen. Herausragend war eine Remake von Victory of Love bei dem wohl
jemand zu oft Tron Legacy gesehen hatte. Zumindest klang das Kangbild und
bildete das Bühnenbild eine deutliche Nähe zum Look des Films und zum
Daftpunk-Soundtrack. War allerdings für mich auch damit der überzeugendste
Titel des Abends. Vom neuen Album wurde auch einiges gespielt, so dass es
sich auszahlte, dieses schonmal gehört zu haben. Es wurden alle Titel
gebracht auf die ich gehofft und gewartet hatte und die großen
Alphaville-Hymnen sorgten für eine geniale Stimmung.

OMD:
Ich glaub ich war noch nie bei einem Konzert bei dem ich soviele Titel des
Programmes so gut kannte. Allein 2 ältere Songs kamen mir nicht bekannt
vor. Soweit so gut. Allerdings kann ich es OMD nicht verzeihen, dass sie
mir in der Zugabe meinen erwarteten All-Time-Classic "Dreaming"
vorenthalten haben. Leider gab es auch in den bekannten Songs kaum
Neuerungen. Sie waren gut und halt altbekannt.

Alphaville gewinnt den Daftpunk-soundsalike-Contest und OMD hat hier
ausgeträumt.

9. Package & Flow
AV:
Starke Einzeltitel sind das eine...allerdings rächt es sich hier für den
normalen Zuhörer, wenn die Veröffentlichungen der letzten Jahre nur einem
eingeweihten Kreis bekannt sind. Regelmäßig wurde man aus der Stimmung
herausgerissen, da nach ein paar bekannten tollen Songs auf der Masse
unbekannte Titel umgeschwenkt wurde. Die Dellen in der Stimmungskurve waren
spürbar. Auch der Rhythmus zwischen Balladen und Powersongs erschien etwas
unglücklich. So dass man leider aus dem Flow gerissen wurde. Schade.

OMD:
Hier hat es OMD natürlich einfacher. Wenn nahezu jeder Titel bekannt ist
und zumindest mitgesummt werden kann und zudem der Grundrhythmus und die
Gestaltung der Songs grundsätzlich recht ähnlich sind, entsteht ein
wunderbarer durchgehender Flow, den Andy McCluskey auch in den Minipausen
wunderbar am fließen hielt. Dadurch verging die Zeit wie im Flug und die
Stimmung blieb die ganze Zeit gleichbleibend auf hohem Niveau. Die fehlende
"Show" fiel dadurch auch kaum auf. Wunderbar.

Die Flussmeisterei erklärt somit OMD zum Etappensieger.

10. Aftershow
AV:
Welche? Nach der letzten Zugabe bestand die Aftershow aus
"Licht-an-im-Saal", "Zum-Parkplatz-trotten" und "Nach-Hause-Fahren". Lag
natürlich auch an der abgelegenen Location und den nicht vorhandenen
weiteren Unterhaltungsmöglichkeiten. Aftershowparties scheinen ja gänzlich
out zu sein.

OMD:
Nachdem wir schon während des Konzertes feststellten, dass gute Freunde
unter der lungernden Masse vor der Parkbühne auf uns lauerten und wir uns
ja in der großen Stadt befanden, düsten wir zusammen noch in die
Kneipenmeile. Ein Ausklingen bei Cocktails (Mitfahrerin) und Kaffee
(Fahrer) sowie bei leckeren Nachos und Gefrotzel in einer kubanischen Bar
ist natürlich ein super Konzertabschluss.

Den Preis für den "Müden-Kopf-am-nächsten-Morgen" erhält also ganz klar
OMD.


Schlusswertung:
Die völlig objektive und unbestechliche Bewertung erklärt nach Auszählung
folgenden Sieger:

UNENTSCHIEDEN!

...so...ein... Mist...die ganze Arbeit für umsonst.

Ach was...soll sich halt jeder seinen persönlichen Sieger raussuchen.
War ja wirklich beides große Klasse!

...und jetzt zurück in die Zeitmaschine.


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